Pflanzen bei Schlafstörungen

Schlafstörungen
Hier sieht man die Baldrianblüte. Der Baldrian hat eine schlaffördernde und beruhigende Wirkung.
Ein- und Durchschlafstörungen (Insomnie) können auf verschiedene Arten behandelt werden. Neben verhaltenstherapeutischen Maßnahmen sind Medikamente ein wichtiger Baustein in der Behandlung, um den Teufelskreis der Schlaflosigkeit zu unterbrechen. Zur Verfügung stehen sowohl pflanzliche als auch synthetisch hergestellte Medikamente wie z. B. Benzodiazepine und die so genannten Z-Substanzen, die vom Arzt verordnet werden müssen. Doch ihre Einnahme ist nicht ohne Risiko: Sie können zur Abhängigkeit führen und Wechselwirkungen mit gleichzeitig eingenommenen anderen Medikamenten verursachen. Da sie außerdem die natürliche Schlafarchitektur beinträchtigen, klagen viele Betroffene über den so genannten „Hang over“ am nächsten Morgen: Sie fühlen sich wie „erschlagen“ und zu wenig ausgeruht.

Die natürlichere Alternative sind pflanzliche Schlafmittel. Neben Melisse, Passionsblume und Lavendel haben Extrakte aus der Baldrianwurzel und dem Hopfen eine lange Anwendungstradition – häufig auch in Kombination. Sie erleichtern das Einschlafen und verbessern das Durchschlafen – ohne dabei wie bei einigen chemisch-synthetischen Mitteln – die natürliche Schlafarchitektur mit den sich abwechselnden Schlafphasen zu stören. Bei nervöser Unruhe kann auch Johanniskraut mit seiner beruhigenden Wirkung zum Einsatz kommen. Pflanzliche Schlaf- und Beruhigungsmittel gelten im Allgemeinen als gut verträglich und führen nicht zur Abhängigkeit.

Melisse stärkt den beruhigenden Botenstoff GABA

Die Melisse (botanischer Name: Melissa officinalis) fällt durch ihren zitronenartigen Geruch auf und wird deswegen auch Zitronenmelisse genannt. Ursprünglich stammt die Pflanze aus dem östlichen Mittelmeerraum. Traditionell zum Einsatz kommt sie bei nervös bedingten Einschlafstörungen und funktionellen Magen-Darm-Beschwerden. Für die Zubereitung als Arzneimittel werden die Blätter der Pflanze genutzt. Sie enthalten das ätherische Öl, das seine Wirkung über den beruhigend wirkenden Botenstoff Gamma-Aminobuttersäure (GABA) entfalten soll. Als gesichert gilt dies jedoch nicht, denn anders als beim Baldrian, der zu den bestuntersuchten pflanzlichen Schlafförderern gehört, gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirkung der Melisse.

Passionsblume fördert den beruhigend wirkenden GABA-Mechanismus

Die Passionsblume (botanischer Name: Passiflora incarnata) kam zu ihrem außergewöhnlichen Namen wegen ihres auffälligen Pflanzenaufbaus, der als Symbol für die Passion Christi betrachtet wurde. So soll z. B. der kronenartige, weißlich-blaue Kelch die Dornenkrone Jesu symbolisieren, während die fädigen Blütenblätter für die zerrissenen Kleider Christi stehen. Aufgrund ihrer außergewöhnlichen Blüten war die Passionsblume im 18. und 19. Jahrhundert ein beliebtes Sammelobjekt von Botanikern. Es existieren übrigens mehrere Hundert verschiedene Arten von Passionsblumen. Die meisten sind in den tropischen und subtropischen Regenwäldern Mittel-, Nord- und Südamerikas zuhause, einige Arten aber auch in Australien, Neuseeland und Asien. In der Naturheilkunde wird die Passionsblume wegen ihrer spannungs- und angstlösenden, mild beruhigenden und schlaffördernden Wirkung geschätzt. Außerdem werden ihr leicht krampflösende und blutdrucksenkende Effekte nachgesagt. Arzneilich verwendet wird das oberirdisch wachsende Passionsblumenkraut. Wichtige Inhaltsstoffe der Passionsblume sind sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide und ätherisches Öl. Auch die Passionsblume scheint über den beruhigend wirkenden Botenstoff Gamma-Aminobuttersäure (GABA) zu wirken.

Lavendel reduziert die Ausschüttung erregender Botenstoffe 

Echter Lavendel (botanischer Name: Lavandula angustifolia) ist vor allem im Mittelmeerraum beheimatet. Die Pflanze hat einen charakteristischen, angenehmen Geruch, der sie in Verbindung mit ihrer desinfizierenden Wirkung bereits im antiken Rom als Bade- und Waschmittelzusatz beliebt machte. Als Arzneipflanze wurde der echte Lavendel erst im 12. Jahrhundert bekannt, zunächst als Mittel gegen Kopfläuse, später gegen Blähungen, Krämpfe und Angstzustände. Heute wird Lavendel wegen seiner positiven Effekte auf den Schlaf und die Psyche genutzt. Dazu werden die Lavendelblüten verarbeitet. Sie enthalten das ätherische Öl, Gerbstoffe und Flavonoide. Lavendel scheint an den Calcium-Kanälen der Nervenzellen zu wirken. Hier drosselt es den Einstrom von Calciumionen (= elektrisch geladenes Calcium). In der Folge davon werden weniger erregende Botenstoffe ausgeschüttet und damit die natürliche Reizfilterfunktion zwischen den Nervenzellen verbessert.

Johanniskraut wirkt wahrscheinlich nicht nur über Botenstoffe 

Echtes Johanniskraut (botanischer Name: Hypericum perforatum) ist in Europa, Westasien und Nordafrika heimisch. Der Name „Johanniskraut“ bezieht sich auf Johannes den Täufer, da die Pflanze um den Johannistag (24. Juni) herum blüht. Als Arzneipflanze ist das Johanniskraut seit mehr als 2.000 Jahren bekannt. Bereits im späten Mittelalter nahm man es gegen Angst und Stimmungsschwankungen ein. Und daran hat sich bis heute nichts geändert: Als pflanzliches Arzneimittel wird Johanniskraut zur antidepressiven Behandlung und zur Beruhigung eingesetzt. Arzneilich genutzt wird das ganze Kraut außer der Wurzel. Es enthält u. a. die roten Farbstoffe Hypericin und Pseudohypericin und andere sekundäre Pflanzenwirkstoffe wie Hyperforin und Flavonoide. Eine gängige Theorie besagt, dass das Hyperforin für die Wirkung des Johanniskrauts verantwortlich ist, indem es die Konzentration bestimmter Botenstoffe wie Serotonin, Dopamin und auch Gamma-Aminobuttersäure (GABA) erhöht. Neuere Untersuchungen legen jedoch den Schluss nahe, dass auch ganz andere Mechanismen die Effekte des Johanniskrauts hervorrufen könnten. Hyperforin scheint jedoch für eine unerwünschte Wirkung des Johanniskrauts verantwortlich zu sein: der Neigung zu Wechselwirkungen mit gleichzeitig eingenommenen anderen Medikamenten. Durch den Inhaltsstoff Hypericin bedingt kann sich außerdem die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen. Das ist bei der Einnahme von Johanniskraut zu bedenken.

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